Ich lese viel, um besser schreiben zu können.

Ich lese viel, um besser zu schreiben.

Welcher Satz ist prägnanter, welchen Satz merkst du dir eher? Richtig, den zweiten. Und wo ist der inhaltliche Unterschied zwischen beiden? Es gibt (fast) keinen. Aber woran liegt das? An dem Verb „können“. Genauer gesagt ist „können“ ein Modalverb und Modalverben können oft einen Text verwässern und umständlich erscheinen lassen. Nein, stopp! Modalverben verwässern den Text und lassen ihn umständlich erscheinen.

Was sind Modalverben?

Aber zunächst: Was sind Modalverben eigentlich? Es gibt im Deutschen sechs davon: dürfen, mögen, müssen, sollen, wollen und können. Sie geben den Modus, also die Art und Weise an, wie eine Handlung geschieht. Zu abstrakt? Dann werde ich konkret:

Dürfen: Erlaubnis – Darf ich ein Eis essen?

Mögen: Absicht – Ich möchte ein Eis essen.

Müssen: Notwendigkeit – Ich muss ein Eis essen.

Sollen: Auftrag – Ich soll ein Eis essen.

Wollen: Wille – Ich will ein Eis essen. Können: Möglichkeit – Ich kann ein Eis essen.

Modalverben stehen immer in Verbindung mit einem Infinitiv, hier das Verb „essen“.

„Können“ kann oft weg

Gerade das letzte Modalverb „können“ streiche ich rigoros aus Texten heraus. Vorher:

„Wir freuen uns, Ihnen unser neues Modell vorstellen zu können.“

Nachher:

„Wir freuen uns, Ihnen unser neues Modell vorzustellen.“

In Geschäftsberichten findet sich immer wieder diese Formulierung:

„Im Geschäftsjahr 2020 konnten wir eine Umsatzsteigerung von 0,1 % erreichen.“

Gähn, jedenfalls nach dem zehnten Satz, der so formuliert wird.

„Im Geschäftsjahr 2020 betrug die Umsatzsteigerung 0,1 %.“

Schon besser. Eindeutig ist es bei doppeltgemoppelten Formulierungen wie dieser, die richtig schmerzt:

„Sie haben die Möglichkeit, bei uns Kaffee trinken zu können.“

Das heißt nichts anderes, als dass der Kunde die Möglichkeit hat, die Möglichkeit zu haben. Also bitte so:

„Sie haben die Möglichkeit, bei uns Kaffee zu trinken.“

Hier würde aber auch das Modalverb funktionieren, da auf die Möglichkeit abgehoben wird:

„Sie können bei uns Kaffee trinken.“

Auch andere Modalverben sind häufig überflüssig

„Ich möchte Ihnen mitteilen, dass ich mich über eine Auftragserteilung freuen würde.“
Warum möchte der Schreiber das nur mitteilen, soll er es doch einfach tun:
„Ich freue mich auf Ihre Auftragserteilung.“
„Ich darf Sie bitten, sich zum Eingang zu begeben“
Das klingt natürlich äußerst höflich, aber es reicht auch:
„Bitte begeben Sie sich zum Eingang.“
„Ich muss sagen, dass das schon sehr seltsam klingt.“
Phrasen sollten vermieden werden, und hier auch das Modalverb:
„Das klingt sehr seltsam.“
„Sollten Sie noch Fragen haben, dann melden Sie sich bitte.“
Auch das ist eine Phrase, die einfach gedankenlos in einen Brief getippt wird. Warum so verquast und nicht schlicht und einfach:
„Bei Fragen rufen Sie mich bitte an.“
„Willst du mal rüberkommen?“
Diese Satzkonstruktion ist gerade ganz groß in Mode und soll die Aufforderung „Komm mal rüber (und zwar zackig)“ etwas freundlicher gestalten. Aber den Frager interessiert es nicht, was denn der Wille des Befragten ist. Jeder weiß, was gemeint ist, und ein
„Komm doch bitte mal rüber“
ist höflich und ehrlich zugleich. Das Beispiel ist eher nicht im schriftlichen Bereich zu finden, aber gilt auch für Fragen wie „
Wollen Sie sich informieren?“
Eine knackige Aufforderung
„Informieren Sie sich!“
spricht den Leser an. Und die Wahrscheinlichkeit, dass er sich informiert, steigt immens.

Fazit

Es gilt mal wieder: Weniger ist mehr. Überlege, welche Wörter deinen Text unnötig verlängern, und schmeiße so viele Modalverben wie möglich raus. Deine Leser werden es dir danken. Natürlich sind Modalverben in bestimmten Zusammenhängen sogar sehr wichtig. Es macht schon einen Unterschied, ob man schreibt: „Sie können eine Million gewinnen“ oder „Sie gewinnen eine Million“. Im Zweifelsfall ist der Unterschied vor Gericht eine Million wert.

 

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